NIS2: Sicherheitsanforderungen für Logistikunternehmen im Überblick

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Sicherheitsanforderungen für Logistikunternehmen im Überblick

Mit der NIS2-Richtlinie verschärft die EU ihre Regeln für digitale Sicherheit. Besonders betroffen: Logistikunternehmen, die jetzt ihre IT-Risiken besser im Griff haben müssen.

Was ist die NIS2-Richtlinie?

Die EU-NIS2-Richtlinie (2022/2555) ist ein europaweites Gesetz zur Verbesserung der Netzwerk- und Informationssicherheit. Sie trat im Januar 2023 in Kraft und löst die frühere NIS-Richtlinie von 2016 ab. Ziel von NIS2 ist es, das Cybersicherheitsniveau in kritischen Sektoren einheitlich zu erhöhen und verbindliche Vorgaben für Risikomanagement und Meldungen bei Cybervorfällen zu schaffen.

Hintergrund und Ziele der EU-NIS2-Richtlinie

NIS2 folgte auf eine Reihe schwerer Cyberangriffe und erweiterte die Vorgaben der alten NIS-Regelung deutlich. Die Richtlinie setzt auf strikte Risikomanagementmaßnahmen, schnellere Meldepflichten und höhere Verantwortlichkeit des Managements, um Cyber-Resilienz auf EU-Ebene zu stärken. Dabei ist eines der Hauptziele, Schwachstellen in Lieferketten zu adressieren: Mitgliedstaaten müssen nationale Cyberstrategien mit Schwerpunkt Lieferkettensicherheit und Sensibilisierung ihrer Unternehmen erarbeiten.

Unterschiede zur bisherigen NIS-Richtlinie

Im Vergleich zur alten NIS-Richtlinie von 2016 ist NIS2 weitreichender. Es werden nun deutlich mehr Unternehmen erfasst: Neben Betreibern kritischer Infrastrukturen müssen jetzt auch mittlere und große Firmen aus zahlreichen Branchen die Vorgaben erfüllen. Die Liste der betroffenen Sektoren wurde um Digitalwirtschaft, Abfallentsorgung, Chemie, Logistik u.v.m. erweitert.

Neue EU-Richtlinie stellt Logistikbranche vor Sicherheitsaufgaben

„Bin ich betroffen?“ 

Relevanz für die Logistikbranche

Für die Logistikbranche ist NIS2 besonders bedeutsam: Transport und Logistik zählen zu den in NIS2 ausdrücklich genannten kritischen Sektoren. Deutsche Logistikunternehmen sind hoch vernetzt – sie arbeiten in komplexen Lieferketten und nutzen viele IT- und IoT-Systeme. NIS2 verpflichtet Logistiker, strenge Sicherheitsanforderungen für Logistikunternehmen zu implementieren und so die Cyberresilienz von Logistikunternehmen zu stärken.

Warum Logistikunternehmen besonders betroffen sind

Logistikunternehmen operieren mit sensiblen Informationen (Lieferadressen, Kunden­daten) und halten kritische Infrastruktur am Laufen. Die NIS2-Richtlinie stuft den Verkehrs- und Logistiksektor als „wesentlich“ ein, weil Störungen dort gravierende Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft haben. Logistiker arbeiten in vielgliedrigen Netzwerken mit Partnern wie Frachtführern, Lagerdienstleistern und IT-Dienstleistern. Diese Lieferketten beinhalten Systeme verschiedenster Qualität – manche veraltet, andere modern – was die Lieferkettensicherheit erschwert.

Auswirkungen auf Lieferketten und Partnernetzwerke

Angriffe auf einzelne Dienstleister können sich schnell auf das gesamte Partnernetzwerk auswirken. Die NIS2-Richtlinie setzt hier an und verlangt umfassende Sicherungsmaßnahmen entlang der Lieferkette. Logistikunternehmen müssen gewährleisten, dass auch ihre Zulieferer und Partner angemessene IT-Sicherheitsmaßnahmen umsetzen. Das heißt, alle Akteure in der Lieferkette sollten durch verbindliche Vorgaben und Kontrollen abgesichert sein – etwa über vertragliche Sicherheitsanforderungen, regelmäßige Audits und fortlaufende Risikoanalysen.

Relevanz für die Logistikbranche

Zentrale Anforderungen der NIS2-Richtlinie

NIS2 richtet sich an fünf zentrale Bereiche in der IT-Sicherheit. Unternehmen müssen systematisches Risikomanagement betreiben, umfangreiche IT-Sicherheitsmaßnahmen installieren, Sicherheitsvorfälle melden, die Lieferkette absichern, Mitarbeiter schulen sowie strengere Authentifizierungsverfahren einführen. Diese Sicherheitsanforderungen für Logistikunternehmen gehen weit über bisherige Standards hinaus.

Im Kern fordert die Richtlinie ein durchgängiges Sicherheitskonzept: Gefahren müssen analysiert, Schutzmaßnahmen umgesetzt und dokumentiert werden. Nur so ist die NIS2-Compliance gewährleistet und die Resilienz des Netzwerks und der Informationssysteme gesichert.

Risikomanagement und Sicherheitsmaßnahmen

Ein systematisches Risikomanagement in der Logistik ist unverzichtbar. NIS2 fordert, dass Unternehmen regelmäßig Risikoanalysen durchführen und auf dieser Basis Sicherheitsstrategien entwickeln. Technische IT-Sicherheitsmaßnahmen für die Logistik gehören dazu: Firewalls, Netzüberwachung, Verschlüsselung und andere Schutztechnologien müssen implementiert werden. Ebenso wichtig sind organisatorische Maßnahmen: Unternehmen richten Notfallpläne ein, um bei Cyberangriffen schnell reagieren zu können, und verankern Verantwortlichkeiten für Sicherheitsthemen.

Umgang mit Sicherheitsvorfällen und Meldepflichten

NIS2 schreibt ein striktes Meldesystem vor. Unternehmen müssen Sicherheitsvorfälle sofort erkennen und dokumentieren. Im Ernstfall ist eine Erstmeldung an die zuständige Behörde innerhalb von 24 Stunden erforderlich, gefolgt von einem Update nach 72 Stunden und einem Abschlussbericht spätestens einen Monat später. Gleichzeitig müssen Firmen Maßnahmen zur Schadensbegrenzung einleiten und den Vorfall intern analysieren, um Wiederholungen zu vermeiden. Die Missachtung der Meldung von Sicherheitsvorfällen führt zu empfindlichen Strafen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) überwacht diese Meldepflichten genau – es drohen hohe Bußgelder bei Verstößen.

Schutz der Lieferkette und Drittanbieter

Die Lieferkettensicherheit steht bei NIS2 im Fokus. Unternehmen, die mit externen Partnern zusammenarbeiten, müssen sicherstellen, dass auch dort angemessene Sicherheitsstandards gelten. Das umfasst die Abklärung von IT-Risiken bei Dienstleistern genauso wie das Festlegen von Mindestanforderungen in Verträgen. Praxisbeispiel: Ein Logistiker kann in Serviceverträgen vorschreiben, dass seine Lieferanten regelmäßige Penetrationstests durchführen. Ergänzend sind Audits und fortlaufende Risikoanalysen entlang der Lieferkette erforderlich. Damit wird verhindert, dass ein kompromittierter Partner das gesamte Logistiknetz gefährdet.

Schulung und Sensibilisierung der Mitarbeiter

Technische Maßnahmen wirken nur, wenn sie im Tagesgeschäft gelebt werden. NIS2 verpflichtet daher zu regelmäßigen Mitarbeiterschulungen zur Cybersicherheit. In diesen Schulungen lernen alle Mitarbeiter, Cyberrisiken zu erkennen und sicher zu handeln: etwa Phishing-E-Mails zu entlarven, Passwörter sorgfältig zu wählen und Social-Engineering-Versuche zu erkennen. Dadurch etabliert sich eine Sicherheitskultur, in der jeder seine Rolle beim Schutz des Unternehmens versteht. Fortlaufende Sensibilisierung verbessert die Widerstandsfähigkeit der Logistikprozesse, weil menschliches Fehlverhalten als Einfallstor minimiert wird.

NIS2 verlangt mehr als nur Firewalls

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Authentifizierung und Zugriffskontrolle

NIS2 verlangt strenge Authentifizierung und Zugriffskontrolle. Logistikszenarien umfassen oft sensible IT-Systeme (z.B. Trackingsysteme, Lagerverwaltung), die besonders geschützt sein müssen. Die Richtlinie fordert daher zum Beispiel den Einsatz von Multi-Faktor-Authentifizierung, um unbefugte Zugriffe zu verhindern. Ebenso wichtig sind klare Regelungen zur Rechtevergabe: Nur berechtigte Mitarbeiter dürfen kritische Systeme administrieren oder bedienen. Zugriffsrechte werden regelmäßig überprüft und angepasst, um zu vermeiden, dass ehemals relevante Konten weiter bestehen.

Umsetzung in der Praxis

Um die NIS2-Anforderungen praktisch umzusetzen, gehen Logistikunternehmen gestuft vor. Zunächst klären sie, ob sie überhaupt betroffen sind – etwa über die Online-Betroffenheitsprüfung des BSI.

Schritte zur Implementierung der NIS2-Anforderungen

Logistiker sollten sich einen klaren Fahrplan erstellen. Dazu gehört erstens die Prüfung der eigenen Betroffenheit (Anzahl Mitarbeiter, Umsatz, Tätigkeitsfeld) mittels BSI-Leitfäden. Anschließend analysieren sie ihre IT- und Betriebsprozesse auf Risiken (Schwachstellenanalyse). Auf dieser Basis werden erforderliche Maßnahmen priorisiert und umgesetz. Ein Beispiel: Erkennt man, dass veraltete Systeme ein Sicherheitsrisiko sind, wird zunächst deren Update oder Austausch organisiert.

Integration in bestehende Sicherheitskonzepte

Viele Logistikunternehmen verfügen bereits über IT-Sicherheitskonzepte. NIS2 lässt sich in diese etablierten Strukturen einbinden. Bestehende Verfahren werden um die neuen NIS2-Vorgaben ergänzt. So schreibt NIS2 zum Beispiel zugeschnittene IT-Sicherheitsmaßnahmen für die Logistik vor, aber ein Großteil davon kann über ein vorhandenes Informationssicherheits-Managementsystem realisiert werden.

Zusammenarbeit mit IT- und Sicherheitsexperten

Die Beratung durch spezialisierte IT-Sicherheitsexperten erleichtert die Umsetzung erheblich. Fachleute helfen, die komplexen NIS2-Compliance-Anforderungen zu verstehen und im eigenen Unternehmen umzusetzen. Viele Logistiker ziehen externe Cybersecurity-Consultants hinzu oder nutzen Brancheninitiativen. Auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bietet Handlungsempfehlungen und Checklisten an. Entscheidend ist, dass die Geschäftsleitung aktiv mitwirkt und klare Verantwortungen festlegt. Nur so können IT- und Sicherheitsexperten gemeinsam eine robuste Umsetzung erreichen und Haftungsrisiken für Führungskräfte vermeiden.

Umsetzung

Konsequenzen bei Nichteinhaltung

Unternehmen, die NIS2 ignorieren, riskieren erhebliche Nachteile. Das BSI wird die Einhaltung genau überwachen und kann bei Verstößen empfindliche Bußgelder verhängen.

Mögliche Sanktionen und Bußgelder

Die Sanktionen nach NIS2 sind streng. Für „besonders wichtige“ Einrichtungen drohen Bußgelder von bis zu 10 Mio. € oder mindestens 2 % des Jahresumsatzes. Für „wichtige“ Einrichtungen gelten bis zu 7 Mio. € bzw. 1,4 % des Umsatzes. Diese Strafrahmen orientieren sich an der DSGVO und sollen sicherstellen, dass Cyber-Verstöße für Unternehmen teuer werden.

Reputationsrisiken und Auswirkungen auf Geschäftsbeziehungen

Neben den finanziellen Strafen können auch erhebliche Reputationsschäden entstehen. Kunden und Partner erwarten, dass ihre Logistikketten sicher sind. Wenn ein Unternehmen NIS2-Anforderungen verletzt und darüber berichtet wird, kann das Vertrauen schnell schwinden. Aufträge oder Partnerschaften könnten verloren gehen.

Umgekehrt signalisiert NIS2-Compliance Geschäftspartnern, dass ein Logistikunternehmen seine Netzwerke und Daten aktiv schützt – ein klarer Wettbewerbsvorteil. Zudem fördert die Einhaltung der Richtlinie die Cyberresilienz von Logistikunternehmen: Die entstandenen Sicherheitsstandards machen Systeme und Prozesse widerstandsfähiger gegenüber künftigen Angriffen.

FAQ

Welche Unternehmen in der Logistikbranche sind von NIS2 betroffen?

Betroffen sind vor allem Logistik- und Transportunternehmen ab einer bestimmten Größe. Generell gilt: Firmen in kritischen Branchen mit mindestens 50 Mitarbeitern oder 10 Mio. € Jahresumsatz fallen unter NIS2.

Welche Fristen gelten für die Umsetzung der Richtlinie?

Ab dem 18. Oktober 2024 gelten die neuen Regeln EU-weit. Für Deutschland sieht der Zeitplan ähnlich aus – das NIS2UmsuCG sollte spätestens zu diesem Datum in Kraft treten. Logistikunternehmen sollten deshalb spätestens 2024 alle notwendigen Maßnahmen umgesetzt haben.

Wie kann ich feststellen, ob mein Unternehmen unter die NIS2-Richtlinie fällt?

In Deutschland bietet das BSI Hilfsmittel an. Über die Betroffenheitsprüfung des BSI kann man online herausfinden, ob das eigene Unternehmen unter die NIS2-Vorgaben fällt. Dort gibt man Branche, Mitarbeiterzahl und Jahresumsatz ein.

Welche Unterstützung gibt es bei der Umsetzung der Anforderungen?

Hilfreich sind Leitfäden, Checklisten und Beratung durch das BSI und Fachverbände. Das BSI hat bereits Handlungsempfehlungen zur NIS2-Umsetzung veröffentlicht und bietet Seminare für Unternehmen an.

Wie kann ich meine Lieferkette auf NIS2-Konformität prüfen?

Die NIS2-Leitfäden empfehlen regelmäßige Audits und Risikoanalysen der Partner. So kann ein Logistiker systematisch überprüfen, ob beispielsweise ein IT-Dienstleister oder Spediteur seine Netzwerke absichert. Auch gemeinsame Workshops oder Checklisten mit kritischen Lieferanten tragen dazu bei, eventuelle Sicherheitslücken in der gesamten Kette aufzudecken und zu beheben.